10. Vertreibung – Flucht – Ermordung. Die Verfolgung von Angehörigen der mdw* im Nationalsozialismus

[Ausführlicher Katalogtext]

Erna Kremer (1896–1942) unterrichtete von 1934 bis 1938 Klavier an der mdw*. Foto: Private Sammlung von Ruth Rix.
Erna Kremer (1896–1942) unterrichtete von 1934 bis 1938 Klavier an der mdw*. Foto: Private Sammlung von Ruth Rix.

Die erste Maßnahme zur Vertreibung unerwünschter Personen wurde an der mdw* bereits am 15. März 1938 mit der Absetzung des bisherigen Leiters, Karl Kobald (1876 –1957) und der zwangsweisen Beurlaubung von neun als jüdisch geltenden Lehrenden gesetzt. Danach erfolgte eine Überprüfung der Lehrenden, in deren Folge Ende Mai Kündigungen für das Ende des Studienjahres ausgesprochen und Pensionierungen in die Wege geleitet wurden: 30 Mitglieder des Lehrkörpers mussten aus rassistischen oder politischen Gründen das Haus verlassen. Den 132 als jüdisch geltenden Studierenden war ein Studium nur mehr bis zum Ende des Sommersemesters gestattet.

Zwölf Lehrende und mindestens 114 Studierende flohen infolge des 'Anschlusses' ins Ausland, aber nicht alle erreichten ein auf Dauer sicheres Exil.

Von zwei Lehrenden und zwölf Studierenden der mdw* ist bekannt, dass sie die nationalsozialistische Verfolgung nicht überlebten. Die in ihre galizische Heimat zurückgekehrten Studenten Isydor Bernklau (1909–1942) und Wilhelm Leiter (1907–?) wurden dort ermordet. Otto Pollak (1916–?) und Alfred Stein wurden aus ihrem französischen Exil deportiert. Jugoslawien bot weder Klara Birn (1915–?) noch dem auf der Durchreise nach Palästina befindlichen Gerold Weisz (1915–1941) den nötigen Schutz. Der Vortragende für Kulturgeschichte Erwin Weill (1885–1945) und die Studentin Ida Friedmann (1923–?) hatten in der Tschechoslowakei erfolglos Zuflucht gesucht. Das Schicksal von Raissa Hesselson (1912–?) ist ungewiss: Sie soll „einem noch unbestätigten Bericht“ (mdw-Archiv, 899/1948 Sch Div) zufolge in Dänemark erschossen worden sein.

Edith Blau (1922–1945), Abraham Ehrlich (1922–1941), Renée Hait (1922–1942), Felicitas Ichheiser (verh. Winter, 1915), die Lehrerin für Klavier Erna Kremer (1896–1942) und der Student Karl Porges (1924–1942) wurden von Wien deportiert und ermordet.