14c. Curt Otto Rotter – Leiter der Bibliothek der Reichshochschule für Musik Wien

[Ausführlicher Katalogtext]

Curt Otto Rotter (1881–1945) war Leiter der Bibliothek der mdw* während des NS-Regimes und hat in der österreichischen Volksliedforschung einschneidende Spuren hinterlassen.

Sein Vater Carl Rotter (1850–1901) zog von Dresden nach Wien und war als Prokurist im Handel mit Produkten für Bierbrauereien tätig. Seine Mutter Maria Edle von Vacano (1854–1934) stammte aus einem alteingesessen Adelsgeschlecht aus Tirol. Curt Rotter studierte an den Universitäten in Wien, Berlin und Leipzig Germanistik, Kunst- und Musikgeschichte. 1909 beendete er sein Studium an der Universität Berlin mit der Dissertation über den Schnaderhüpfl-Rhythmus, mit welcher er eine Forschungslücke in der Volksliedforschung schloss.

Aufnahme Rotters in die NSDAP und Vereidigung auf den Führer, 1943; Quelle: mdw-Archiv, Personalakt Curt Otto Rotter.
Aufnahme Rotters in die NSDAP und Vereidigung auf den Führer, 21.01.1943; Quelle: mdw-Archiv, Personalakt Curt Otto Rotter.

Nachdem er im Dezember 1919 ein Praktikum an der Universitätsbibliothek Wien absolviert hatte, war er 1920 zunächst als Hilfskraft an der Bibliothek der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst Wien tätig. 1929 erfolgte seine Ernennung zum Staatsbibliothekar und 1935 wurde ihm der Titel „Professor“ verliehen. Nach dem ,Anschlussʻ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 übernahm er am 4. Oktober 1938 die Leitung der Bibliothek der mdw* vom zwangsbeurlaubten Gustav Donath (1878–1965). Donath verlor seine Anstellung, da er aufgrund der Religionszugehörigkeit seines Vaters und seiner Großeltern nach den Nürnberger Gesetzen als „Mischling 1. Grades“ galt. Am 22. Jänner 1943 wurde Rotter rückwirkend mit 1. Oktober 1940 als Mitglied in die NSDAP aufgenommen, da er sich bereits vor 1938 zur NS-Ideologie bekannt und Mitglied des deutschnationalen Studentenbundes Georg Ritter von Schönerer war. Als „unabkömmlich“ eingestuft, wurde er bis 1945 nicht zur Wehrmacht eingezogen und blieb bis zu seinem Tod Leiter der Bibliothek.

Am 12. April 1945 nahm sich Curt Rotter in der Israelitischen Abteilung am Döblinger Friedhof das Leben – einen Tag vor der Befreiung Wiens durch die Rote Armee. Nach dem Volkskundler Kurt Conrad (1919–1994) habe „er es nicht über sich [gebracht], sein geliebtes Wien in der Hand der Russen zu sehen.“ (Kurt Conrad, Curt Rotter zum 100. Geburtstag, in: Salzburger Heimatpflege, 5. Jahrgang/Heft3/November 1981, S. 145–146)