14d. Die Pianistin und Kammermusikerin Helene Herschel née Steiner
Im Bestand der Universitätsbibliothek wurden drei Musiknotendrucke gefunden, die Provenienzhinweise auf Helene Herschel bzw. Helene Steiner (1875 – gest. nach der Deportation vom 21.09.1942) enthalten. Sie gelangten über eine Spende des Musikhauses Macourek 2004 an die ub.mdw.

Helene Steiner wurde am 22. April 1875 in Tarnów (heute Polen) geboren und war als Pianistin sowie als Musikreferentin tätig. Von 1919 bis 1920 studierte sie bei Arnold Schönberg (1874–1951) Harmonielehre in Wien. Zudem hielt die Kammermusikerin und Klavierpädagogin Vorträge des Österreichischen Musikpädagogischen Verbands. 1898 heiratete sie den Kaufmann Viktor Herschel (1865 – gest. nach der Deportation vom 21.09.1942) im Wiener Stadttempel nach jüdischem Ritus. Sie hatten eine gemeinsame Tochter: Bettina Herschel (1899–1977).
Nach dem 'Anschluss' Österreichs an das Deutsche Reich am 12. März 1938 wurde das säkular lebende Ehepaar Herschel aufgrund der Definition der Nürnberger Gesetze als Jüdin und Jude verfolgt. Helene und Viktor Herschel mussten 1941 aus ihrer Wohnung in der Liniengasse 18 im 6. Bezirk ausziehen, wo sie 39 Jahren lang gelebt hatten. Ihre letzte Adresse war ab Mai 1942 in einer 'Sammelwohnung' in der Hammer-Purgstall-Gasse 2 im 2. Bezirk. Am 22. Juli 1942 wurden Viktor und Helene Herschel von den Nationalsozialist*innen in das Ghetto Theresienstadt und am 21. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka deportiert. Helene und Viktor Herschel wurden im Holocaust ermordet. Ihr einziges Kind, Bettina Herschel, heiratete 1922 den Kaufmann Stefan Pollak (1896–1994) nach jüdischem Ritus. Auch sie und ihre Familie wurden nach dem 'Anschluss' verfolgt und mussten im Juli 1938 aus Österreich in die USA flüchten. 1998 wurde ihr Sohn, Gerald Alexander Pollak (geboren 1929), im Rahmen der USC Shoah Foundation, Holocaust – Jewish Survivors interviewt, welche ab 1994 audiovisuelle Interviews mit Überlebenden und Zeug*innen des Holocaust durchgeführt hatte.
Ob Helene Herschel die drei Musiknotendrucke vor ihrer Deportation im Musikalienhandel verkaufen musste, oder ob sie sich unter ihren von der Verwaltungsstelle jüdisches Umzugsgutes der Gestapo“ (VUGESTA) verwerteten Güter befanden, konnte aufgrund der spärlich vorhandenen Akten nicht näher recherchiert werden. Nach heutigem Wissenstand sind die drei Musiknotendrucke als Raubgut zu bewerten und werden als solches an die rechtmäßigen Erb*innen restituiert.