16. Geigen als Ikonen und Spekulationsobjekte – die Frage nach Restitutionen

[Ausführlicher Katalogtext]

Auszug aus dem Schreiben vom 17. Jänner 1948. Quelle: mdw-Archiv.
Wien, am 17. Jänner 1948; am 20. Jänner an das BM f. Unterr. in Abschrift, „mit dem Ersuchen, diesen im Wege der Abtlg. II/5 den Wiener Tagesblättern sowie den führenden Blättern der Bundesländer zum ehesten Abdruck zu übersenden.“ Quelle: mdw-Archiv.

Dieser Aufruf verweist auf die Frage, wie es mit den Erwerbsstrategien der mdw* in der Zeit des 'Dritten Reichs' und in der Nachkriegszeit bestellt gewesen ist, welche Positionen die Akteur*innen in dieser Angelegenheit vertreten haben und ob es daher möglich ist, Konkretes zu 'Arisierung' bzw. zur Restitution von Streichinstrumenten festzustellen.

Eine Recherche im Aktenbestand Lehrmittel Instrumente 1938–1945 und 1946–1955 zeigt die selbst in Kriegszeiten ununterbrochene Pflege des Bestandes, bringt aber auch immer wieder Anbote von privater Seite und vereinzelte Erwerbungen durch die Institution.

Dabei könnten durchaus auch Eigeninteressen im Spiel gewesen sein. Dies wird etwa anhand eines Akts klar, in welchem unter Bezug auf einen ministeriellen Erlass von 1949 mitgeteilt wird, dass die der mdw*„bis zur Feststellung der künftigen Eigentumsverhältnisse in treuhändige Verwaltung gegen jederzeitigen Widerruf übergebenen zehn Violinen aus dem Depot des Dorotheums unter der Depot-Nr 673 für die Reichsmusikkammer Gau Wien“ gegen Erlag der Depotgebühr von 425 Schilling am 2.1.1950 übernommen wurden. Die Beilage enthält u.a. ein Gutachten von Karl Richard Kaltenbrunner (1878-1957) vom 17.1.1950 mit der Gesamtliste dieses Bestandes samt Preisangaben.
 
Solche Gutachten enthielten aber oft Gefälligkeiten dem Auftraggeber gegenüber (hier: die mdw*). Dies dürfte  auch hier nicht ausgeschlossen gewesen sein, war Kaltenbrunner doch immer wieder (nachgewiesen 1939, 1942, 1950) in geschäftlichem Kontakt mit der Institution.

Wie stand es aber um die Provenienz dieser Instrumente bzw. um das weitere Vorgehen der mdw* in dieser Sache?

Offenbar waren diese 10 (?) Geigen „durch eine Geldspende einer Amerikanerin“ für notleidende Musiker erworben worden und – durch die Landesstelle Wien der Reichsmusikkammer „lediglich für die organisierten Wiener Musiker in Verwahrung genommen und an solche verliehen“ – mithin nicht in ihrem Eigentum.

Es entspann sich jedenfalls ein Streit über die Eigentumsverhältnisse dieser Geigen und die Rolle der mdw* in der Sache, in dem die mdw* mit Unterstützung des Ministeriums die Oberhand behielt.

Auffällig bleibt, dass die eigentliche Herkunft der Geigen dabei nirgends erwähnt wurde, ebenso wenig wie die Identität und Motivation der amerikanischen (?) Spenderin.