11. Franz Schütz im Kontext der NS-Kulturpolitik
[Biografischer Text zu F. Schütz]
Eine der zentralen Figuren der mdw* in der NS-Zeit war Franz Schütz (1892–1962): Schütz stand dem Haus von September 1938 bis zum Kriegsende 1945 als Direktor vor. Der angesehene Orgelvirtuose trat früh der nationalsozialistischen Bewegung bei, in der Verbotszeit der NSDAP wurde er 1936 auch kurzzeitig festgenommen. Doch seine Betätigung als „Illegaler“ trug im Zuge der nationalsozialistischen Machtübernahme Früchte: Während im März 1938 noch dem Musikwissenschaftler Alfred Orel (1889–1967) die Leitung der mdw* übertragen wurde, musste dieser wenige Monate später den Direktorsposten räumen und für Schütz Platz machen. Zudem wurde Schütz mit der Leitung der Gesellschaft der Musikfreunde Wien betraut, womit er zwei der wichtigsten Kulturinstitutionen Wiens vorstand.

Sein Gestaltungsspielraum innerhalb der Hochschule war zu großen Teilen vom Rückhalt seitens der NSDAP und der NS-Administration geprägt – ein komplexes und gelegentlich auch nicht ganz friktionsfreies Beziehungsgeflecht. Gelegentliche Konflikte lagen jedoch vor allem in Schütz‘ elitär-konservativer Kunstauffassung begründet und an dieser stießen sich die in Wien aktiven kulturpolitischen Verantwortungsträger des NS-Regimes immer wieder. Dabei ging es mehrheitlich um die Position zeitgenössischer Musik in der kulturpolitischen Agenda Wiens. Der Wiener Reichsstatthalter und Gauleiter Baldur von Schirach (1907–1974) wie auch dessen Generalkulturreferent Walter Thomas (1908–1970) ermahnten Schütz in dessen Eigenschaft als Leiter der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien zu stärkerer Berücksichtigung zeitgenössischer Musik, wie die beiden Briefe vom 11.2.1942 und 4.5.1942 anschaulich zeigen Dabei griffen sie sowohl auf finanzielle Druckmittel als auch auf moralische Argumente zurück. Und gelegentlich fügten sie ihren Briefen – wie in jenem vom Mai 1942 – auch so subtile wie deutliche Mahnungen bei: „Ich glaube, dass Sie meine Zeilen verstehen werden.“ Wann immer Schütz mit dem Regime in Konflikt geriet, war dies nicht einer oppositionellen Gesinnung, sondern eben vor allem seiner elitär-konservativen Kunstauffassung geschuldet.