14e. Der Tenor Erich Fischhof und seine Flucht in die Schweiz

Im Klavierauszug zur Oper Carmen ist der Stempel von Erich Fischhof enthalten. Dieser Notendruck wurde der ub.mdw* im Mai 1973 vom Professor für Gesang an der mdw* Gesangslehrer der mdw*, Wolfgang Steinbrück (1907–1991), nach seiner Pensionierung überlassen.

Erich Fischhof als Pietro in der Operette Boccaccio von Franz v. Suppé, Luzern 21.10.1941; Quelle: Archiv für Zeitgeschichte / ETH Zürich.
Erich Fischhof als Pietro in der Operette Boccaccio von Franz v. Suppé, Luzern 21.10.1941; Quelle: Archiv für Zeitgeschichte I ETH Zürich, NL Fischhof, 17 (V)-25 (V) 17.

Erich Fischhof wurde am 3. September 1913 in Wien geboren und wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Vor dem ,Anschlussʻ Österreichs im März 1938 vertiefte der gelernte Kaufmann in der Opernklasse des Neuen Wiener Konservatoriums seine Gesangsausbildung und war u.a. Chorsänger in der Vereinssynagoge im Kluckytempel im 20. Bezirk.

Seine ersten Fluchtversuche nach Brno und Kopenhagen kurz nach dem ,Anschlussʻ scheiterten. Von Berlin gelang ihm am 24. Juni 1938 die Ausreise nach Zürich. Seine Musiknotendrucke musste er bei seinen Eltern in Wien zurücklassen. Fischhofs Eltern, die aus jüdisch orthodoxen Familien stammten, blieben in Wien zurück. Berthold Fischhof (1879–1942) starb im April 1942 und zwei Monate nach dessen Tod wurde Julie Fischhof née Donebaum/Donne(n)baum (1888 – gest. nach der Deportation vom 05.06.1942) von einer ,Sammelwohnungʻ in das Ghetto Izbica deportiert. Sie wurde im Holocaust ermordet.

Bereits 1938 erhielt Erich Fischhof ein Engagement als Konzert- und Opernsänger im Kursaal in Bern. Obwohl er von 1940 bis 1942 in verschiedenen Arbeitslagern für Emigranten arbeiten musste, trat er als Tenor in den Theatern in Luzern und Bern auf. Aber auch in den Arbeitslagern trat er bei Konzerten auf. Ab 1942 war er 30 Jahre lang als Tenor im Chor des Stadttheaters Bern tätig. Bereits 1941 lernte er seine Ehefrau Nanny Barth (1901–1997) kennen, die als Sozialarbeiterin für jüdische Organisationen in der Schweiz arbeitete. Nach dem Umzug 1971 von Bern nach Zürich war er als Bibliothekar an der ETH Zürich tätig. Fischhof starb am 15. März 1988 in Zürich.

Bis 1942 bat Erich Fischhof seine Mutter, ihm einige seiner Noten zu schicken – was ihr nicht gelang. Seine Eltern mussten vermutlich aus finanziellen Nöten einiger seiner Noten verkaufen. Der Musiknotendruck Carmen ist als Raubgut zu klassifizieren und wird an die rechtmäßigen Erb*innen restituiert.

1991 stiftete Nanny Fischhof den „Nanny und Erich Fischhof Preis“, der bis heute alle zwei Jahre an Personen verliehen wird, die sich gegen Antisemitismus und Rassismus einsetzen.